Bitcoin auf Null ?

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Rolf Bertschi, ehemaliger Credit-Suisse-Banker und Charttechnik-Koryphäe, analysiert den jüngsten Bitcoinabsturz.

Der Kurs des Bitcoin kann definitiv nicht auf 0 gehen, aber durchaus auch noch weiter runter auf USD 200,00. Dann wäre der Anstieg von den USD 2,00 auf USD 200,00 im Jahr 2011 immer noch eine Verhundertfachung. Beim jetzigem Rückgang darf man sich von den Tausendern nicht verunsichern lassen. Auf dem logarithmischen Chart sieht man, dass der Kurs 2011 bis 2013 massiv gestiegen ist.

Nach dieser Betrachtung ist der jetzige Rückgang eigentlich nur eine Kurskorrektur.

Doch die Menschen lassen sich leider von absoluten Zahlen erschrecken. Ein Anstieg von USD 5,00 auf USD 10,00 oder von USD 5.000,00 auf USD 10.000,00 ist prozentual gleich viel wie ein Anstieg von USD 10.000,00 auf USD 20.000,00.

Das macht die nachfolgende “lineare” Betrachtung deutlich:

Vor der Blase im Dezember 2017 stieg der Kurs des Bitcoin sechs Jahre lang. Nun geht er ein gutes Jahr lang runter. 2020 könnte er wieder weit oben sein.

Fünf gewichtige fundamentale Gründe, die zu Gunsten von Bitcoin streiten.

1. Hoffnung auf dezentralisiertes Internet

Die dezentrale und vor allem anonyme Blockchain-Technologie ist die realste Chance, dem Zugriff von Unternehmen wie Google und Facebook zu entkommen.

2. Unaufhaltbares “Internet der Werte”

Das globale Bankensystem ist zutiefst korrupt, wie allmählich auch dem letzten Zeitgenossen klar wird. In den Cum-Ex-Skandal waren alle namhaften Banken verwickelt; Cum-Ex steht für den Handel von Aktien mit (Cum) und ohne (Ex) Dividende. Im November 2018 wurde bekannt, dass das korrupte Banksystem alles noch einmal getopt hat. Es geht um Papiere, die den Namen ADR tragen. ADR steht für “American Depositary Receipts”. Sie werden von Banken ausgestellt und an den Börsen in den USA stellvertretend für ausländische Aktien gehandelt. Normalerweise muss jedem ADR-Papier eine Aktie zugrunde liegen, oder ein Bruchteil einer Aktie. Nach Erkenntnissen von US-Ermittlern sind in zahlreichen Fällen aber solche Papiere ausgegeben worden, ohne dass die Banken die betreffenden Aktien hinterlegt hätten. Die Inhaber dieser sogenannten Vorab-ADRs sollen dann deutsche Finanzbehörden getäuscht und Steuererstattungen kassiert haben, obwohl zuvor gar keine Steuern auf Dividenden gezahlt worden waren.

Ist es nich schön zu wissen, dass es Kryptowährungen gibt?

Ohne uns dabei dem Risiko veralteter Technologie auszusetzen, können wir so Vermögen hin und her schieben. Für Bewohner der traditionelle westlichen Industrienationen ist das eine willkommenen Annehmlichkeit, für Bürger etwa eines Landes wie Venezuela aber ein wahrer Segen.

3. Entwicklungsboom in der Krypto-Welt

Allen schlechten Ideen und Betrügereien zum Trotz: Es gibt viele echte Produkte mit Nutzern, die Umsatz generieren.

Das Lightning Network könnte das Skalierungsproblem lösen. Es geht um Anwenderfreundlichkeit. Das World Wide Web Consortium (W3C) entwickelt Schnittstellen, die das Netzwerk bald in jedem Browser verfügbar machen könnten.

Konkret entwickelt der Zusammenschluss namens „W3C“ API-Schnittstellen für Zahlungsmethoden. API steht für „Application Programming Interface“ und meint Kontaktpunkte, mit denen sich Programmierer an bestehende Software anbinden können. Damit sind vor allem die bekanntesten Web-Browser wie Chrome, Firefox oder Safari gemeint. Dies soll Entwicklern die Möglichkeit geben, selbstständig und einfach Programme zur Lightning-Zahlung für die genannten Browser zu schreiben.
W3C – die unbekannte Großmacht. Bereits mehrere Jahre arbeitet der Tech-Zusammenschluss an Möglichkeiten, alternative Zahlungsmethoden in Web-Browsern verfügbar zu machen. Wie nun bekannt wurde, schließen diese Methoden auch das Lightning Network mit ein. Die Lightning-Adaption schreitet voran – leise, aber stetig

4. Aufräumarbeiten

Mit dem Hype kamen auch die Betrüger und Phantasten. In den USA haben die Regulatoren – insoweit – einen guten Job gemacht, indem sie Innovatoren wie Ethereum freien Lauf liessen, während die schwarzen Schafe hart angegangen wurden. Der Absturz der Kryptowährungen hat unehrlichen Angeboten ausserdem die Grundlage entzogen – die Leute schauen jetzt genauer hin.

5. Bitcoin lebt!

Wann der aktuelle Abwärtstrend sich umkehrt, wissen wir auch nicht. Doch dass Bitcoin auf Null geht, scheint nicht mehr wahrscheinlich. Überhaupt:
Ignoriert man die astronomischen Kursausschläge der letzten Wochen im Jahr 2017, steht es um den Preis der Währungen gar nicht so schlecht.

Und schliesslich geht es in Wirklichkeit darum:

  • das Geld neu zu erfinden,
  • nicht einfach ums Geldmachen.