04. Mai 2009

Download PDF

Deutschsprachige Nachrichten aus Panamá

¡Martinelli Presidente!

Erdrutschsieg für Ricardo Martinelli bei den Präsidentschaftswahlen in Panamá am 3. Mai 2009.

Panamá wird künftig – konkret ab 1. Juli – von einem Multimillionär als Präsident regiert. Der Tycoon der Supermarktkette "Super99" setzte sich sensationell überlegen gegen Balbina Herrera von der bisherigen Regierungspartei PRD durch. "Der Wechsel beginnt am 1. Juli", versprach Martinelli vor seinen Anhängern im "Hotel Panamá".

Regierungschefs der Europäischen Union wie Sarkozy und Merkel mögen sich die Haare raufen. Aber Martinelli steht für "Bankgeheimnis", für "Territoriale Besteuerung" (Einnahmen aus dem Ausland bleiben unversteuert), er steht für eine einheitliche "Flat Tax" bei Einnahmen innerhalb Panamás, er steht für weitere Infrastrukturmaßnahmen – nicht nur für den Bau einer Metro in Panamá City. Martinelli wird eine wirtschaftsliberale Mitte-Rechts Regierung bilden, ein El Dorado für Auslandsinvestments.

Heute früh um 1.30 MESZ (06:30p.m. panamaischer Zeit) waren 42% der Stimmen ausgezählt gewesen, nachdem die Wahllokale um 04:00p.m. geschlossen hatten. Zu diesem Zeitpunkt entfielen auf Martinelli 53,55% der Stimmen, Balbina Herrera erreichte 35,66%. Der Sieg ist mithin unumstößlich, die Zentrale Wahlbehörde hat offiziell erklärt, daß Martinelli Wahlsieger sei. Offiziell zum "Gewählten Präsidenten" proklamiert wird er erst am Mittwoch.

Balbina Herrera hat den Wahlsieg Martinellis anerkannt, der sogar im Stimmlokal des amtierende Präsidenten Martín Torrojos gewinnen konnte.

Auch im Parlament zeichnet sich eine Mehrheit für die bisher oppositionelle Allianz ab. Sie stellen zur Stunde 24 Abgeordnete (14 Panameñistas, 1 Molirena, 6 von Martinellis CD und einer der Unión Patriótica). Auf die PRD entfallen bislang 18 Abgeordnete. Einen Abgeordneten gewann die "Vanguardia Moral de la Patria".

Gedanken nach den Wahlen

Panamá hat seinen neuen Präsidenten Ricardo Martinelli gewählt. Er übernimmt ein stabiles Land, ein Land, das der internationalen Wirschaftskrise im Ergebnis trotzt, und das unverändert einer guten Zukunft entgegensieht.

Das war nicht immer so.

Am 7. Mai 1989 hatten ganz andere Wahlen stattgefunden, die Panamá im Ergebnis erst befreit hatten nach 20 Jahren Militärdiktatur (Omar Torrijos und Diktator Noriega). Wie stand das Land damals da, vor diesen historischen Wahlen noch unter der Herrschaft Noriegas, also vor dem Einmarsch der USA?

Panamá stand vor dem Kollaps nach den 20 Jahren Militärdiktatur. Die wirtschaftliche Aktivität betrug nur noch 50% des Normalwertes, die Arbeitslosigkeit betrug 25% und stieg weiter, die landwirtschaftliche Produktion hatte um 30% nachgegeben, die Industrieproduktion gar um 60%, der Handel war um 70% eingebrochen. Nahezu 7 Milliarden Dollar hatten die Banken Panamás verlassen gehabt. Auch viele Panamaer waren außer Landes gegangen, sie schliefen vor der US-Botschaft, um ihre Position in der Warteschlange für Visanaträge in die USA nicht zu verlieren. Im Land herrschte Lethargie, man konnte um die Mittagszeit die Calle 50 in der Innenstadt herunterbrausen mit 100 km/h und begegnete keinem anderen Fahrzeug.

Es kam zu einer Wahlallianz gegen Noriegas Militärdiktatur. Die katholische Kirche wollte ihr Möglichstes tun, die Korrektheit der Wahl zu sichern und wirkte bei der Auszählung dann später auch erfolgreich mit. Guillermo Endara Gallimany, Arnulfist, wurde gemeinsamer Präsidentschaftskandidat im Dezember 1988. Vizepräsidentschaftskandidat wurde Arias Calderon.

Wenige Tage vor den Wahlen merkte Noriega, daß die Wahl, zu der er letztlich auf Druck der USA von Ronald Reagan gezwungen worden war, für ihn zur Katastrophe werden würde. Alle Ausländer solten visapflichtig werden, um die Zahl der Wahlbeobachter zu reduzieren. Vor, während und nach den Wahlen kam es zu hahnebüchenen Vorgängen. Mit Soldaten vollgestopfte Armeelaster wurden von Wahllokal zu Wahllokal gechafft, um mehrmals zu wählen. Es kam zu Gewaltübergriffen, aber die Bevölkerung war mobilisiert. Wo anfangs zu Wahlkundgebungen der vereinigten Opposition nur wenige Panamaer sich hinwagten, waren es am Ende hunderttausende gewesen. Und die Soldateska Noriegas kam innerhalb ihrer Familien unter Druck.

Noriega wollte die Wahlen gewaltsam fälschen. Nur von offizieller Seite sollten Wahlergebnisse bekanntgegeben werden dürfen, Stimmzettel sollten ausgetauscht werden. Im Zusammenwirken mit der Kirche gab die Opposition alle ausgezählten Stimmen blitzschnell bekannt. Sobald Ergebnisse ausgezählt waren, wurden sie weitergereicht und von Radio Melodie bekannt gemacht. Es war klar, daß auf eine Stimme für den Kandidaten Noriegas drei Stimmen für den Kandidaten der Allianz entfielen.

An zentraler Stelle (ATLAPA) sollten die Stimmzettel gefälscht werden. Jimmy Carter war im Land mit Beobachtern, offiziell von der Junta nicht zugelassen. Aber die Abstimmung unter der Oberaufsicht der katholischen Kirche war abgeschlossen. Jimmy Carter begab sich ins Hotel Caesar und hielt eine Pressekonferenz ab. Er erklärte, die Opposition hätte mit einem Stimmenanteil von 70% gewonnen, die Militärs seien aber derzeit dabei, der Ergebnisse zu fälschen. Die Meldung ging um die Welt.

Noriega erklärte öffentlich, sein langjähriger Geschäftsfreund Duque hätte die Wahl gewonnen. Am 10. April hatte das Wahltribunal noch immer kein offizielles Wahlergebnis bekanntgegeben. Massen in den Straßen protestierten gegen Wahlfälschung. Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen wird Endara verletzt und flieht letztlich außer Landes.

Die Wahl wurde im Ergebnis anulliert mit der Begründung, Wahlunterlagen seien verschwunden. Und inoffizielle Wahlbeobachter wie Jimmy Carter und Gerald Ford aus den USA hätten alles verkompliziert. Neuwahlen lehnte Noriega ab, Duque fungierte als Präsident. Um die Eskalation mit den USA zu verringern, ersetzte er ihn am 1. Oktober 1989 durch seinen Freund Francisco Rodríguez. Nach einem unmittelbar danach gescheiterten Putsch erklärt sich der vollends durchdrehende Noriega zum "Maximo Lider" Panamás.

Erst die "Operation Just Cause" der USA beendet den "Spuk Noriega" am 20. Dezember 1989.

Aber die seinerzeitigen Wahlen machen klar, daß die Absetzung Noriegas und die Beendigung der Militärdiktatur nicht von den USA aufgezwungen worden war. Die Panamaer hatten schon zuvor Noriega mit überwältigender Mehrheit abgewählt gehabt – gewählt hatte ihn eh nie jemand.

So dramatisch waren die Wahlen vom 3. Mai 2009 gottlob nicht. Panamá stand vor keinem Abgrund gestern.

Gleichwohl ist das Ergebnis der Wahl bedeutungsvoll. Panamá könnte sich ändern. Wir denken: Es wird noch positiver, es wird noch lohnender, hier zu investieren – und noch reizvoller, hier zu leben.