Vollgeld und Island

filiale_der_landsbankinn_in_reykjavik.png
Download PDF

Sigurjónsson, der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Wirtschaftsangelegenheiten und Handel in Island, hat einen Reformvorschlag präsentiert, der einer Revolution gleichkommt. Sigurjónsson will das sogenannte Vollgeld in Island einführen. Das ist ein System, das die Banken entmachtet und dem Staat eine größere Rolle im Finanzwesen einräumt.

Einer der Schöpfer dieses Konzeptes ist der US-Ökonomen Irving Fisher, der sich in den Dreißigerjahren mit der Grossen Depression beschäftigt hat. Die mit Totschweigen belegte Lehre von damals lautet, daß die schlimmsten Wirtschaftskrisen ihren Ursprung nahezu ausschließlich im Finanzsystem haben: im Mechanismus der Geldschöpfung und -vernichtung durch private Banken. Exzessive unverantwortlich Kreditvergaben heizen Booms an und übersteigern Krisen.
Im Vollgeldsystem wäre allein die Notenbank berechtigt Buchgeld zu schöpfen. Die Geschäftsbanken würden zu reinen Servicedienstleistern für Privatleute und Unternehmen, also zu dem, zu dem sie eigentlich geschaffen sind. Es wäre Schluß mit den überheblichen selbstgerechten Bankmonstern.
Deren Konten wären vollständig durch Notenbankgeld gedeckt und somit risikolos.
Eigentliche Investments in Aktien, Unternehmenskredite oder Hypotheken könnten die Geschäftsbanken nicht mehr nach eigenem Gutdünken vornehmen, sondern nur in dem Umfang, in dem die Kunden ihr Geld von den Transaktionskonten auf spezielle Investmentkonten transferierten.

Heutzutage können Banken das von ihnen als Kredit vergebene Buchgeld letzten Endes „aus dem Nichts“ schaffen, wie es im Bericht aus Island heißt.
Premierminister Sigmundur Davíð Gunnlaugsson, der die Studie in Auftrag gegeben hat, verspricht sich vom Vollgeld viele Vorteile:

  1. Weniger Bank-Runs,
  2. niedrigere Kreditzinsen,
  3. weniger Finanzspekulation

und was nicht verschwiegen werden soll zusätzliche ganz erhebliche Staatseinnahmen. Diese entstehen dadurch, daß der Staat heute – zu Gunsten der Banken – auf einen bedeutsamen Teil des automatischen Profits verzichtet, der durch die Geldschöpfung entsteht (die so genannte Seignorage).

Bislang hat kein Land jemals Vollgeld eingeführt. Es wird statt dessen mit sogenannten „Mindestreservesystemen“ operiert.
Doch den Gesamtumfang des Geldumlaufs bestimmen die Geschäftsbanken im Ergebnis gleichwohl aus Profitabilitätsüberlegungen selbst.

Verwandt mit der Idee des „Vollgeldes“ ist der sog. „Chicago-Plan“. Ein derartiges System wurde im Jahr 2013 von IWF-Ökonomen untersucht. Der wesentliche Aspekt dieses Planes ist eine 100%ige Reserveeinlage für Kundendepositen bei der Notenbank.

Ein Entscheid von Island für eine dieser Varianten wäre eines der bedeutendsten jemals durchgeführten Finanzexperimente.
Und ein weiterer Sargnagel im westlichen Finanzsystem.

Es lohnt sich aufmerksam zu beobachten, was in Island geschieht.