Petromilliarden verbrennen

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Saudi-Arabien hat diesen Ölkrieg mit niedrigen Preisen angezettelt. Unter den erdölexportierenden Ländern steht der Staat so gut da wie kaum ein anderer. Das Königshaus sitzt auf Finanzreserven in Höhe von 735 Milliarden US-Dollar – und hat damit ungefähr viermal soviel zurückgelegt wie Apple, das derzeit wertvollste Unternehmen der Welt. Deshalb kann es sich den Preiskrieg mit seinen Konkurrenten auf dem Ölmarkt leisten.

Der große Verlierer des Ölpreisverfalls sind also nicht etwa Saudi-Arabien oder Rußland, sondern vielmehr die USA, die alles auf die sogenannte Schieferölrevolution gesetzt hatten.

Eine Studie vom 14. November 2014 (Bridgewater Associates) berechnete, daß ein Preisrückgang auf USD 75/Faß die US-Wirtschaft um 1,2% schrumpfen ließe. Zwischenzeitlich war er auf fast USD 40 gefallen…Mit USD 75 war die US- Ölproduktion gerade noch kostendeckend, bei USD 40 ist so gut wie keine Schieferölförderstelle mehr überlebensfähig.

Die Zahl der betriebenen Förderstellen für Öl und Gas sind allein in der ersten Januarwoche 2015 um 61 Einheiten zurückgegangen und um ungefähr 10% in zwei Monaten. Ein erstes Bankrottopfer war auch schon zu verzeichnen: WBH Energy.

Asoka Wöhrmann von der Deutschen Asset & Wealth Management:

„Wir rechnen bei US-Schieferöl in diesem Jahr mit einem Investitionsrückgang von 40%“.

Denn seit dem Jahreswechsel seien Aussagen zu Investitionskürzungen in die Höhe geschnellt und auch die Stilllegungen von Ölbohrtürmen in Nordamerika beschleunigten sich.

Risiko geht nicht zuletzt von einem Instrument aus, daß sich – wie in der Finanzbranche typisch – mit drei Buchstaben abkürzen läßt. Es handelt sich dabei diesmal allerdings nicht um 2008 zu zweifelhaften Ruhm gekommene CDS (Credit Default Swaps), sondern um sogenannte MLPs (Master Limited Partnerships). Mit MLPs werden börsennotierte Pools bezeichnet, die Aktien von Unternehmen halten, die an die Ölbranche gebunden sind. Dazu zählen beispielsweise Pipeline-Produzenten oder Betreiber von Lagerhallen.

Wenn aber die Produzenten keine neuen Bohrtürme errichten, bleiben bei den Zulieferern die Auftragsbücher leer. Wie oben geschildert, passiert das gerade. Die Lage scheint also ernst.

Ein Reporter der Nachrichtenagentur Bloomberg formulierte Mitte Januar 2015 folgende Einschätzung zum Markt:

„Da sind Zombies in den Ölfeldern.“

Der komplette Ölsektor nimmt pro Jahr nun ungefähr 2 Billionen Dollar weniger ein als erwartet.

Außerdem:

  • Es gibt extrem viele Finanzderivate, die vom Öl abhängen, und die häufig mit dem Faktor 10 gehebelt sind!
  • Es gibt verläßliche Schätzungen, daß das Finanzvolumen der Ölderivate sich auf ungefähr 700 Billionen Dollar beläuft. Das entspricht dem Zehnfachen der globalen Wirtschaftsleistung!
  • Die Aktienkurse der großen Ölkonzerne werden einbrechen und damit weltweit die Aktienindizes nach unten ziehen.
  • Die Banken werden nicht mehr wissen, wer noch solvent ist, und wem man weiterhin Geld leihen kann. Damit bricht die Kreditversorgung der Wirtschaft durch die Banken zusammen wie erst kürzlich in den Jahren 2008-2009.
  • Der Baltic Dry Index, der das Volumen der auf dem Seeweg transportierten festen Rohstoffe mißt, stand noch nie in einem Monat Januar so tief wie im Januar 2015.

Selbst Norwegen leidet.

Die norwegische Ölindustrie steuert satte 15% der Wirtschaftskraft des Landes bei, mehr als die Hälfte des Exports und etwa 80% der Staatseinnahmen.
Der Preis für das Barrel Rohöl der Sorte Brent ist von seinen fast drei Jahre lang stabilen 110 Dollar auf unter 47 Dollar gefallen. Damit sind zahlreiche Offshore-Felder vor Norwegen nicht mehr wirtschaftlich. Bohranlagen warten an der Küste vergeblich auf ihren Hochseeeinsatz.
Aus den guten Zeiten hat Norwegen aber wenigstens umgerechnet rund 760 Milliarden Euro gespart, um die Sozialleistungen in der Krise nicht scharf zurückfahren zu müssen. Das Ende des norwegischen Traums droht damit nicht unvermittelt.

Aber für künftige Generationen wird das skandinavische Land nach Einschätzung von Politikern und Ökonomen nicht mehr das bieten können, für was es bislang in aller Welt beneidet wurde. „Es wird nicht über Nacht passieren“, sagt Hilde Opoku von den Grünen.

„Aber wenn wir aus dieser Ölblase aufwachen, werden wir merken, dass wir nie wieder solch märchenhafte Zustände haben werden.“

Nur weil niemand von der bedrohlichen Ölkrise redet, bedeutet das noch lange nicht, daß hier keine gewaltige Gefahr lauert. Die Zahlen, die Summen um die es hier geht, können einem nur den Angstschweiß auf die Stirn treiben.