Europäische Einlagensicherung kommt

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Der Begriff “Europäische Einlagensicherung”

bedeutet, dass alle Sparer und sonstigen Einleger in ganz Europa für alle Einlagen bei allen Banken in ganz Europa haften sollen. Der Begriff ist Teil der Diskussion über die Schaffung einer europäischen Banken-Union.

Seit 6. November 2019 müssen alle Alarmglocken läuten.

Olaf Scholz hat ein deutsches Tabu gebrochen: Der Bundesfinanzminister sperrt sich nicht länger gegen die EU-Einlagensicherung. Eine europäische Bankenunion müsse

„irgendeine Form einer gemeinsamen europäischen Einlagensicherung enthalten“,

verkündete der SPD-Politiker am 06. November 2019.

Die vorgeschobenen Gründe:

  • Eine europäische Einlagensicherung sei sehr wohl im deutschen Interesse. Wenn die Bankenunion nicht vollendet würde, dann könnten die nationalen Finanzmärkte der EU-Staaten nicht zu einem echten Binnenmarkt zusammenwachsen.
  • Ohne einen gemeinsamen EU-weiten Sparerschutz könnten keine europäischen Finanzkonzerne entstehen. Die EU bräuchte aber einen integrierten Finanzmarkt und starke europäische Banken, um gegen die Weltmächte USA und China bestehen zu können. Das wirke demnach wahrscheinlich etwa für die Ruine der Deutschen Bank so zuverlässig wie “Spinat für Popey”.
  • Ohne einen grenzenlosen Finanzmarkt würde Europa kein Kapital im großen Stil anziehen und sich niemals von der Vorherrschaft des Dollars emanzipieren können. Immerhin wird eingeräumt, dass die gemeinsame EU-Einlagensicherung nicht die einzige Voraussetzung wäre, um diesen gemeinsamen Finanzmarkt zu schaffen – also sozusagen “nur ein erstes Tor in Minute 85 bei 5 Gegentoren”.

 

Für die Gegner der EU-Einlagensicherung streiten nicht zuletzt zwei Argumente:

  1. Unterkapitalisierte südeuropäische Banken werden über den Umweg EU die besser gefüllten deutschen Einlagensicherungsfonds plündern. Bei Lichte betrachtet haben zahlreiche Banken in Südeuropa enorme Probleme und stehen de facto kurz vor der Insolvenz. Ohne die massive Intervention der EZB in Form von Anleiheaufkäufen durch das Aufkaufprogramm PSPP wäre bei eben diesen Banken in Südeuropa bereits längst das Licht ausgegangen.
  2. Die EU zerstört damit die von ihr ungeliebte Institutssicherung der Sparkassen. Die EZB plant, den größten Jackpot in der Eurozone anzubohren: den der deutschen Sparer und die deutschen Geldinstitute, allen voran Volksbanken und Sparkassen.

Beide Argumente fussten auf falschen Annahmen, kritisierte das Handelsblatt unmittelbar nach dem Tabubruch von Olaf Scholz:

Zum Beispiel würde automatisch unterstellt, dass nur südeuropäische Länder in die Verlegenheit kommen könnten, den EU-Sparerfonds für eine Pleite-Bank anzapfen zu müssen. Das mit Abstand größte europäische Geldhaus, das unter akuten Schwierigkeiten leidet, befände sich aber gar nicht in Südeuropa, sondern bei uns in Deutschland: Die Deutsche Bank baut gerade ein Drittel ihres Personals ab und sucht nach wie vor nach einem zukunftsfähigen Geschäftsmodell. Man mag sich nicht ausmalen, was im Falle einer Pleite der Deutschen Bank auf den Einlagensicherungsfonds zukäme.

Die Argumentation im Handelsblatt ist logisch nicht nachvollziehbar. Was ist am Hinweis auf die besonderen Gefahren, die von den maroden “südeuropäischen Ländern” ausgehen, falsch, weil es in Deutschland zusätzlich die “Zeitbombe Deutsche Bank” gibt?

FAKTEN

Zur Absurdität wird eine Einlagensicherung deshalb, weil sie auch Banken schützt, die mit waghalsigen Geschäften pleitegehen. Und genau das wäre bei einer europäischen Einlagensicherung,

  • die restlos alle Banken einbezieht,

 

der Fall. Wie kann man dem einzelnen Sparer zumuten, dass sein gutes Geld verwendet wird, um einem anderen Einleger zu helfen, der Kunde einer Pleite-Bank ist? Mehr noch: Kommt es zum Zusammenbruch einer Reihe von Banken, dann zieht die Einlagensicherung andere, gesunde Banken mit in den Abgrund und aus einem überschaubaren Problem wird ein Flächenbrand.

Was denkt sich Scholz demnach wirklich bei seinem Tabubruch?

Wie oben schon ausgeführt, lautete bisher die Argumentation der deutschen Politiker:

Wir können doch nicht zulassen, dass ein deutscher Sparer für eine marode Bank in Südeuropa zahlt.

Damit kam die Überzeugung zum Ausdruck, dass ein deutsches Institut nie Probleme verursache.

Offenbar liest der amtierende Finanzminister Olaf Scholz aber zwischenzeitlich recht genau die aktuellen Berichte aus der Bankenwelt und kommt zu dem Schluss, dass auch er selbst inmitten des vermeintlich so sicheren Deutschlands mit einer großen Bank-Pleite konfrontiert werden könnte. Und nun ist er plötzlich ebenfalls ein Vorkämpfer dafür, dass alle Einleger in der EU im Ernstfall geplündert werden.

Der Umfall von Scholz signalisiert, wie schlimm es auch ums deutsche Bankensystem bestellt ist.

Bis zum Jahr 2024 müssten nationale Bankenverbände in der Eurozone eigentlich ihre Fonds zur Einlagensicherung auffüllen. Doch von den verlangten Werten sind die meisten Länder weit entfernt – auch die größte Volkswirtschaft Deutschland. Dabei ist seit 2014 europaweit gesetzlich vorgeschrieben, dass Banken alle Spareinlagen ihrer Kunden bis 100.000 Euro zu 0,8% durch eigene Mittel absichern müssen – was in Wirklichkeit alles andere als vertrauenerweckend ist, dieser “Tropfen auf den heissen Stein”.

Selbst die Töpfe, mit denen sich in Deutschland Sparkassen, Volksbanken und Privatbanken innerhalb ihrer jeweiligen Verbünde in Krisenzeiten gegenseitig helfen, waren lediglich mit durchschnittlich 0,4% der gesicherten Einlagen gefüllt. Damit befindet sich Deutschland auf Platz 11 der 19 Eurostaaten.

Geht es also nun neuerdings darum, die anderen Europäer ins Boot zu bekommen, um Deutsche Bank & Co auch mit deren Geldern zu retten?

Darüberhinaus:
Die Befürworter der europäischen Einlagensicherung haben nie klar zu Ende gedacht

Diese Befürworter argumentieren, es würde genügen, schlicht und einfach die faulen Kredite der Banken in Europa insgesamt zu sanieren, dann wären alle Institute gesund und man könnte getrost eine europäische Einlagensicherung installieren.

Das ist eine Verkettung von fatalen Denkfehlern:

  1. Die Vorstellung, man könne in einer Bank Ordnung machen und dann gäbe es keine Risiken, keine Gefahren mehr, ist weltfremd und schlichtweg falsch. Ein so genannter „guter“ Kredit kann bei Änderung der Konjunktur sehr rasch zu einem Krisenfall werden. Umgekehrt macht eine erfolgreiche Sanierung einen „faulen“ Fall zu einer Erfolgsgeschichte. Ein Kredit ist ein lebendiges Geschäft, dessen Qualität sich laufend mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Kreditnehmers ändert, das ist nichts statisches.
  2. Alle neuen Regeln der Bankenaufsicht sind darauf abgestellt, das Risiko aus den Banken zu nehmen und Risiken von ihnen künftig fernzuhalten. Man nimmt einfach nicht zur Kenntnis, dass doch in Wirklichkeit die Übernahme von Risiken das eigentliche Geschäft der Banken ist. Kredit kommt von “credo”, ich glaube als Bank demnach, dass der Kunde das geliehene Geld zurückzahlen wird. Das Management dieses Risikos wird über die Kreditzinsen mitbezahlt und diese Entlohnung ist die Basis des Bankgeschäfts – oder sehen wir da etwas falsch?
  3. Mit dem Begriff der “faulen Kredite“ wird die Idee verfolgt, es gäbe eben faule und gute Kredite. Damit nicht genug, die faulen Kredite würden über Jahre in den Banken „liegen“ und man müsse sie nur ein für alle Male beseitigen. Oft ist auch davon die Rede, dass Ausleihungen seit der Finanzkrise, also seit über zehn Jahren, in den Instituten gleichsam herummodern. Eine nette Vorstellung zur Lage des Bankensystems.
  4. Eine uneinbringliche Forderung muss wertberichtigt, also als Verlust anerkannt werden. Es ist unmöglich, einen Ausfall zehn Jahre zu leugnen und weiter als Aktivum in den Büchern zu führen. Kein Wirtschaftsprüfer darf das tolerieren.

Zu fragen ist, was sind denn das für Kredite oder sonstige Forderungen, die eine Bank ruinieren können und die Einlagensicherung auf den Plan rufen?

Da sind doch in Wirklichkeit in erster Linie die Staaten selbst zu nennen, die sogar gesetzlich zu allem Überfluss auch noch immer als “risikolos” eingestuft sind. Tatsächlich haben allein die EURO-Staaten Euro 10.000 Milliarden Schulden. Davon sind etwa Euro 2.000 Milliarden. von der Europäischen Zentralbank finanziert. Die restlichen Euro 8.000 Milliarden haben zum großen Teil die Banken bereitgestellt.

Wenn nun ein Staat zahlungsunfähig wird und ausfällt, dann kann dies nicht ohne dramatische Folgen für die Kreditinstitute bleiben. Staaten werden gerne als unsinkbar bezeichnet. Nur: Wenn man den Steuerzahlern keine zusätzlichen Abgaben abverlangen kann und wenn die Anleger die Anleihen eines Staates nicht mehr zeichnen, dann kommt es zum Staatsbankrott und in der Folge zu Bank-Pleiten.

Zahlen müsste dann die europäische Einlagensicherung. Nur ist keine Einlagensicherung in der Lage, für tausende Milliarden Euro aufzukommen. Alle Konzepte decken nur einige wenige Prozente des Einlagenvolumens ab.

Zu guter Letzt:

Schon jetzt haften die Länder der Eurozone gemeinschaftlich für die Staatsanleihekäufe der Europäischen Zentralbank. Hinzu kommen die Anleihen der nationalen Notenbanken. Verluste nationaler Notenbanken können laut Artikel 32.4 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) auf das gesamte Eurosystem umgelegt werden.

Diesen Beitrag hatten wir Ende 2019 publiziert. Noch gibt es diese Einlagensicherung nicht. Aber sie wird kommen. Und jetzt im Krisenjahr 2022 wird es immer notwendiger, diesem ganzen Irsinn auszuweichen. Nicht wie das Kaninchen auf die Schlange starren!

Wie kommt man raus aus diesem bedrohlichen Wahnsinn?

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