Zangenangriff von EU & OECD -2-

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Dies ermöglicht es den Nachbarstaaten und der EU-Kommission jederzeit, den Weg von Sendungen zu verfolgen und bei allfälligen Zuwiderhandlungen einzuschreiten. Zudem leistet die Schweiz in Betrugsfällen Amts- und Rechtshilfe zu Gunsten der EU-Länder. Der EU genügt die von der Schweiz angewandte Praxis aber noch nicht, sie strebt eine "engere Zusammenarbeit" an:

Am 14. Dezember 2000 verabschiedete der EU-Ministerrat zugunsten der EU-Kommission ein Mandat, um mit der Schweiz ein "Kooperationsabkommen zur Bekämpfung des Betrugs und anderer Straftaten zum Schaden der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften und ihrer Mitgliedstaaten sowie der Schweiz" auszuhandeln. Der eidgenössische Bundesrat hatte den schweizerischen Unterhändlern am 27. Juni 2001 ein Mandat erteilt. Seit Sommer 2001 verhandelte die Schweiz mit der EU-Kommission über ein Abkommen zur Betrugsbekämpfung. Obschon der Zigarettenschmuggel Ausgangspunkt für die Verhandlungen war, wollte die EU-Delegation natürlich alle vorstellbaren Fälle von Verstößen gegen finanzielle Interessen der EU in einem Abkommen integrieren. Die Schweiz sollte den EU-Standard ("Acquis Communautaire") übernehmen.
Weil die in die Defensive gedrängte Schweiz immer vehementer ein Interesse an der wirksamen Bekämpfung von Betrug und anderen Abgabedelikten bekundete, war sie bereit, der EU weit entgegen zu kommen. Das

Lösungskonzept der Schweiz

lief faktisch darauf hinaus, daß sie

bereit

war, den für die Rechtshilfe relevanten

EU-Rechtsbestand zu übernehmen, soweit

darunter ausschliesslich Delikte fallen, die

gemäß Schweizer Recht mit einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten

bedroht sind. Damit sei dann sichergestellt, daß die rechtshilfefähigen Delikte einen ausreichenden Unrechtsgehalt aufweisen und den schweizerischen Rechtsprinzipien (namentlich dem Grundsatz der doppelten Strafbarkeit) Rechnung tragen. Der Grundsatz der doppelten Strafbarkeit besagt, dass Amts- und Rechtshilfe nur in Fällen gewährt wird, die in beiden Rechtsordnungen gleichermaßen strafbar sind.


Die bisherige schweizerische Position "niemals einfache Steuerhinterziehung" fiel demnach auch schon in sich zusammen.

Das reichte aber noch nicht.

Um alle bedeutenden Abgabedelikte bei indirekten Steuern und Subventionen zu erfassen, war die Schweiz darüberhinaus bereit, über den Betrug hinaus im nationalen eidgenössischen Recht

neue rechtshilfefähige Straftatbestände

bei den Verbrauchssteuern (Mehrwertsteuer, Tabaksteuer, Biersteuer) zu schaffen, sofern diese gewerbsmäßig begangen werden. In solchen Fällen könnten künftig Zwangsmaßnahmen zugunsten von EU-Staaten sowohl auf dem Weg der Rechts- als auch der Amtshilfe ergriffen werden.
Weiter schlug die Schweiz im Anwendungsbereich des Abkommens weitere Erleichterungen für die EU-Strafverfolger vor, so die

  • Beitreibung von Abgaben,
  • das Recht von EU-Ermittlern, bei Untersuchungen anwesend zu sein,
  • unter bestimmten Bedingungen die Auslieferung von ausländischen Tätern auch bei Fiskaldelikten,
  • Zusammenarbeit für bestimmte Formen der Geldwäscherei, wie sie im EU-Recht definiert ist.

Zusammenfassung zu Kapitel II

Die Schweiz ergriff früher Zwangsmaßnahmen in der Rechtshilfe nur bei Abgabebetrug.

Zusätzlich ist sie jetzt bereit, auch bei gewerbsmäßig begangener Hinterziehung Zwangsmaßnahmen anzuwenden, zum Beispiel in Form von

  • Hausdurchsuchungen,
  • Beschlagnahme von Akten,
  • Einfrieren von Bankkonten,
  • Zeugeneinvernahmen.

Damit eine Straftat nach Schweizer Recht rechtshilfefähig ist, müßte sie mit einer Freiheitsstrafe von mindestens 6 Monaten bedroht sein, und zwar im ersuchten und im ersuchenden Staat.
Unter den gleichen Voraussetzungen wie in der Rechtshilfe (= Zusammenarbeit unter Justizbehörden) ist die Schweiz bereit, Zwangsmaßnahmen auch in der Amtshilfe (= Zusammenarbeit unter Verwaltungsbehörden) zu vollziehen.
Zur Erreichung des Vertragsziels ist die Schweiz bereit, in diesem Sinn in ihrem nationalen Recht neue rechtshilfefähige Straftatbestände zu schaffen.
Darüber hinaus ist die Schweiz bereit, ausländische Steuerbescheide bzw. andere Verfügungen über Geldleistungen zu vollziehen und für schwere Delikte im Anwendungsbereich des Abkommens Täter auch auszuliefern.