Virologe Hendrik Streeck: Endlich Fakten schaffen!

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  • Der derzeit viel zitierte Virologe Alexander Kekulé sprach von möglichen “Superhorrorszenarien” in Deutschland.
  • Christian Drosten, Chefvirologe des berühmten Berliner Spitals Charité, warnte davor, dass sich die schrecklichen Szenen aus Italien in der Bundesrepublik wiederholen könnten.
  • Anders Fachkollege Hendrik Streeck, der wie Drosten zurzeit auf allen medialen Kanälen präsent ist. Als in Italien bereits Hunderte Corona-Todesfälle zu verzeichnen waren, sagte Streeck, in Deutschland würden dieses Jahr trotz Corona möglicherweise nicht mehr Menschen sterben als in den Vorjahren.

 

Streeck ist die derzeitige Diskussion unheimlich, denn er hält die Faktenlage für unklar. Streeck ist momentan im Landkreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen unweit der Grenze zu den Niederlanden tätig. Hier kam es zum ersten unkontrollierbaren Corona-Ausbruch in Deutschland, hier will Streeck mehr über das Virus erfahren. Streeck hat eine Mission, die den Umgang mit dem Coronavirus in Deutschland beeinflussen könnte. Der Virologe will klären,

  1. wie hoch die Dunkelziffer der Infizierten ist,
  2. wie sich der Erreger tatsächlich überträgt,
  3. vor allem: wie nicht.

Denn davon hängt viel ab. Die tatsächliche Todesrate der Infizierten lässt sich nur bestimmen, wenn man die Dunkelziffer kennt. Ob es wirklich sinnvoll ist, Schulen, Restaurants oder Friseursalons zu schliessen, kann man nur beurteilen, wenn die Übertragungswege geklärt sind.

Der Kreis Heinsberg eignet sich dafür besonders.

Die Region Heinsberg gilt als

“deutsches Wuhan”,

denn hier kam es bei einer Karnevalsveranstaltung Mitte Februar zu zahlreichen Ansteckungen. Aus Forscherperspektive ist es ideal, den Startpunkt der Infektion zu kennen. Obendrein gibt es in dem Kreis nur wenige Touristen, weshalb sich die Infektionsketten leichter nachzeichnen lassen. Streeck und sein Team untersuchen nun eine Gruppe, die von der demografischen Zusammensetzung her dem Durchschnitt der Bevölkerung entspricht.

Das Ergebnis soll schon in den kommenden Wochen vorliegen.

Erste Ergebnisse wurden aber nun doch schon am 09. April bekannt,

das Handelsblatt berichtet am selben Tag darüber.

Streeck geht davon aus, dass die Dunkelziffer in Heinsberg sehr gering sei, weil man im Landkreis repräsentative Studien durchgeführt und sehr breit getestet habe.

Ein ganz wichtiges Zwischenergebnis:

    1. Streeck zufolge können zumindest bestimmte Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie schon ab sofort gelockert werden.
    2. Die Infektionsrate beträgt rund 15%. Dies sei eine wichtige Zahl und führe dazu, dass sich die Ausbreitung verlangsame, so Streeck. Bei diesen ersten, aber wissenschaftlich schon repräsentativen Zwischenergebnissen handele es sich sogar um eine eher konservative Berechnung.
    3. Bei 14% der Bewohner in Gangelt, einer Gemeinde im Kreis Heinsberg, wurde inzwischen sogar schon eine Immunität nachgewiesen. Bisher wurde lediglich vermutet, dass eine überstandene Erkrankung gegen das Virus schützt, nun lässt sich diese Vermutung nachweisen.
    4. Die Sterblichkeitsrate, die sich aus den Studienergebnissen in Gangelt ableitet, liegt bei nur rund 0,4%. Die Daten der Johns-Hopkins Universität, die weltweit Fallzahlen erfasst, weist für diesen Bereich eine fünffach höhere Mortalität aus. Die Studie kommt allerdings auch zu dem Schluss, dass strenge Hygienevorschriften das Sterblichkeitsrisiko drastisch senken.
    5. Eine weitere Ableitung: Durch die Kombination aus nicht-tödlichen Krankheitsverläufen und der Infektionsrate von 15% habe die Herdenimmunisierung bereits eingesetzt. Die Ausbreitung verlangsamt sich. Es wird davon ausgegangen, dass in Deutschland ab einem Immunisierungsgrad von 60% bis 70% die Ansteckungsrate unter eins fällt was dann bedeutete: Die Epidemie ist unter Kontrolle!

Jetzt sei man in der Position, so Streeck, in eine sog. “zweite Phase” zu kommen. In der Phase zwei werde die

„gesellschaftliche Quarantänisierung“

zurückgefahren, die hygienischen Maßnahmen blieben aber erhalten.

Bei Corona-infizierten Kindern habe man kaum schwere Verläufe entdeckt, sagt Martin Exner, Leiter Instituts für Hygiene an der Universität Bonn und ebenfalls Teil des sog. „Heinsberg Protokolls“ . Daher könne man Kindertagesstätten wieder schrittweise öffnen. Exner empfiehlt aber, dass Kita-Betreuer über 60 Jahre zu Hause bleiben sollen. Auch die Zahl der Betreuungsgruppen soll reduziert werden.

„Wir müssen lernen, mit Sars-2 zu leben und die Gefahren richtig einzuordnen“,

sagte Streeck.

Damit wird Sars-CoV-2 immer mehr zu einer normalen Virus Grippe, wie die vielen anderen Virus Grippen auch. Ein weiteres Buch mithin im Regal der vielen Grippeviren-Bücher, um die nie so viel Aufhebens gemacht worden war wie um Sars-CoV-2.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte den Auftrag für die Studie erteilt. Er erhofft sich davon aussagekräftige Daten, wie Deutschland das öffentliche Leben und die Wirtschaft wieder hochfahren kann. Um diese Fragen anzugehen, hat der Ministerpräsident Streeck in seinen zwölfköpfigen

“Expertenrat Corona”

berufen, der am 3. April zum ersten Mal tagte.

Söder und die Bundesregierung stützten sich bei ihrem Kurs der Eindämmung auf die Einschätzung des Charité-Virologen und Hardliners Drosten. Streeck und Drosten könnten unterschiedlicher kaum sein.

  • Tatsächlich gehört Streeck zu den wenigen Figuren der Krise, die Zuversicht verströmen und nicht unter der Last der Verantwortung zu leiden scheinen.
  • Drosten dagegen wurde im Verlauf der Pandemie zum obersten Mahner der Bundesrepublik. Sein Gesicht wirkt üblicherweise wie eingefroren, und in seinem Blick liegt etwas Düsteres. So wie Drosten stellt man sich den Arzt vor, der am Ende eines schweren Leidens ans Krankenbett tritt und sagt, dass er leider nichts mehr für einen tun könne.

 

60% bis 70% der Deutschen würden sich wahrscheinlich mit dem Coronavirus infizieren, prognostizierte Drosten Anfang März. Bundeskanzlerin Angela Merkel plapperte diese Aussage einige Tage später mit gewichtigem Augenaufschlage nach.

“Ich hätte der Kanzlerin nicht dazu geraten, diese Zahlen öffentlich zu nennen”,

sagt Streeck.

Es handle sich dabei um nichts weiter als eine Modellrechnung, bei der nicht alle Faktoren berücksichtigt worden seien. Und selbst wenn, dann müsse bloss ein einziger Faktor verkehrt sein, und

“alles fällt in sich zusammen”.

Drosten ist Streecks Vorgänger als Chef der Virologie am Universitätsspital Bonn, doch die beiden ticken grundverschieden. Streeck drückt das so aus:

Während Drosten den Corona-Erreger im Labor analysiere, schaue er, wie die Menschen in der Praxis auf das Virus reagierten. Streecks Zwischenstand klingt dabei beruhigend.

Es spreche einiges dagegen, dass man sich unter normalen Bedingungen beim Servicepersonal im Restaurant oder in öffentlichen Verkehrsmitteln infizieren könne. Wahrscheinlich brauche es für die Übertragung einen längeren Kontakt zu einem Infizierten.

Streeck schert damit aus dem Chor der Mahner aus, die immer wieder appellieren, strikt zu Hause zu bleiben, und die schon im unnötigen Gang vor die Tür eine Fahrlässigkeit wittern.

“Durchhalten”

ist die wichtigste Vokabel der derzeit tonangebenden Allianz von Politikern, Medizinern und Journalisten.

  • Durchhalten, bis es kaum mehr Neuansteckungen gibt.
  • Durchhalten, bis ein Impfstoff verfügbar sein wird. Das “könne schon” in einigen Monaten der Fall sein, hört man immer wieder.

 

Auch hier folgt Streeck nicht dem verbreiteten Narrativ, dem Mainstream.

Streecks bisheriger Schwerpunkt war die HIV-Forschung. Das HI-Virus beschäftigt die Wissenschaft seit mehr als drei Jahrzehnten. In dieser Zeit ist es nicht gelungen, HIV per Impfstoff aus der Welt zu schaffen.

Möglicherweise sei es auch bei Corona sehr kompliziert, ein Impfserum zu entwickeln, sagt Streeck. Alle anderen Behauptungen hält er für unseriös.

Wohl kein Virologe in Deutschland hat mehr Corona-Patienten gesehen als Streeck. Kurz nachdem das Virus im Kreis Heinsberg ausgebrochen war, ging er von Tür zu Tür, klingelte bei allen Patienten, nahm Mundabstriche und Blutproben. Auch bei seiner jetzigen Studie kommt es zum Kontakt mit Infizierten. Hat er keine Angst, sich anzustecken?

“Wenn man die Vorsichtsmassnahmen einhält, muss man sich keine Sorgen machen”,

sagt er.

Noch deutlicher äussert sich Rechtsmediziner Prof. Dr. Klaus Püschel:

„Corona ist eine Viruserkrankung wie die Grippe, die in den meisten Fällen harmlos und nur im Ausnahmefall tödlich verläuft“,

sagt der Direktor des Instituts für Rechtsmedizin am Hamburger Universitätsklinikum (UKE).

Seine Prognose:

„Am Ende des Jahres werden wir keine signifikant höhere Gesamtsterberate haben als sonst.“

Statistisch spricht viel für diese Auffassung. Jedes Jahr sterben in Deutschland rund 950.000 Menschen an den verschiedensten Ursachen von Herz-Kreislauf-Problemen bis hin zum Verkehrsunfall.

So kostet

allein die die Grippesaison jedes einzelne Jahr

laut Robert-Koch-Institut (RKI) zwischen mehreren Hundert

bis zu 20 000 Menschen

das Leben.

Mediziner und Statistiker sprechen von einer Exzess-Mortalität oder Übersterblichkeit, wenn mehr Personen als üblich einer Erkrankung zum Opfer fallen. So sorgte etwa die Spanische Grippe (1918-1919) in Europa für eine Übersterblichkeit von rund 86%. Das Bundesamt für Statistik veröffentlicht für Deutschland derzeit noch keine täglichen Sterbe-Statistiken, will dies aber nach Ostern tun.

In Norditalien, einem der größten Corona-Krisengebiete liegt die Sterblichkeit in den ersten drei Monaten des Jahres im Schnitt 144% höher als sonst. Auch die Schweiz verzeichnet derzeit einen messbaren Anstieg der Sterblichkeit in der Altersgruppe ab 60 Jahren.

Doch die Effekte sind zunächst nur kurzfristig. Betrachtet man den langfristigen Verlauf, könnte sich die Sterblichkeitsrate ändern.

So gab es beispielsweise 2003 einen Ausbruch von SARS in Toronto, dem zwischen März und Juli knapp 9.000 Menschen zum Opfer fielen. Dennoch erhöhte sich über das gesamte Jahr gesehen die Sterblichkeitsquote nicht merklich –

es gab also keine Übersterblichkeit.

Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommt auch der britische Statistiker David Spiegelhalter, der den aktuellen Corona-Verlauf in Großbritannien analysiert hat. Seine Ergebnisse zeigen zwar eine leicht erhöhte Todesquote in der Generation 60+, davon abgesehen aber keine merklich gestiegene Chance, zu sterben. Spiegelhalter fasst plakativ zusammen:

„Covid-19 komprimiert die Sterbe-Wahrscheinlichkeit eines Jahres auf ein, zwei Wochen.“

In diesen aktuellen Wochen sterben demnach viele ältere Mitbürger, von denen wir uns im Laufe dieses Jahres ohnehin hätten verabschieden müssen, weil schlicht und einfach “ihre Uhr abgelaufen” war.

Auch die Zahlen in Deutschland scheinen für diese Theorie zu sprechen. Denn RKI-Chef Prof. Dr. Lothar Wieler spricht selbst davon, dass

  • die an Covid-19 Erkrankten im Schnitt 50 Jahre alt sind,
  • die Corona-Toten wären jedoch durchschnittlich 82 Jahre alt.

 

86% der Todesfälle sind 70 Jahre alt oder älter, im Schnitt leidet jeder am Corona-Virus Verstorbene an 2,6 Vorerkrankungen.

Diese Menschen sterben im Ergebnis an den Vorerkrankungen, an denen sie im Laufe der nächsten zwölf Monate ohnehin gestorben wären. Das Corona-Virus dreht zwar geringfügig an der Uhr des Lebens, es ist aber im Regelfall gar nicht die Todesursache.

Die Frage drängt sich auf:

“Was wird hier eigentlich gespielt?”