Einschuss und Nachschuss

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Einschuß

Bei der Eingehung einer Terminposition muß der Käufer des Kauf- oder Verkaufsvertrages (die Ware selbst wird zunächst nicht ge- oder verkauft, sondern nur das zeitlich bedingte Recht daran) eine relativ geringe Summe bei seiner Brokerfirma hinterlegen. Das ist der (Erst-) Einschuß (original margin, initial margin). Das ist keinesfalls eine Anzahlung auf die Ware, sondern nur Nachweis der Fähigkeit des Kontrakterwerbers, bei Fälligkeit seinen Verpflichtungen auch nachkommen zu können. Die Einschußhöhe beträgt in der Regel weniger als 10%  des Kontraktwertes und wird von der jeweiligen Börse festgelegt. Da Eigentumsübergang und Kaufpreisentrichtung zunächst nicht fällig sind (dem deutschen Zivilrecht ist dieses "Abstraktionsprinzip" bestens bekannt, es wird jedem Erstsemester zu Beginn des Studiums eingetrichtert), sondern dies – allenfalls –  am festgesetzten Liefertermin geschieht, an dem man den Kontrakt normalerweise gar nicht mehr hat, sind auf die Differenz zwischen Einschußbetrag und Kontraktwert keine Sollzinsen zu bezahlen.

Bedingt dadurch, daß man als Einschuß nur so wenig zahlt – gehen wir der Einfachheit halber von 10% des eigentlichen Kontraktwertes aus – kommt es zu der

Hebelwirkung

die den Gewinn gewaltig anschwellen läßt; und was umgekehrt auch für einen Verlust gelten kann.
Denn ein Preisanstieg von 10% bei einem Einschuß von ebenfalls nur 10% hebelt den Gewinn auf 100% bezogen auf die Höhe des Einschusses.

Diese große Hebelwirkung macht den Reiz der Terminanlage aus. Man kann mit relativ geringen Finanzmitteln enorme Warenmengen oder Mengen an Wertpapieren und Devisenpaare kontrollieren mit entsprechend enormen Gewinnmöglichkeiten.

  • Wird auf dem Brokerkonto unglücklich gehandelt
  • und entsteht Verlust
  • und besteht nicht einmal ein hinreichendes Reservepolster

so verlangt

  1. die Börse vom Broker eine Erhöhung des Einschusses,
  2. der Broker natürlich von seinem Kunden ein Auffüllen auf die ursprüngliche Höhe der Einschußsumme.

Der Kunde muß in diesem Fall der Aufforderung nachkommen und den Nachschuß leisten (den „variablen Einschuß“, variation margin). Wird der Aufforderung auf den variation margin call nicht nachgekommen, so kann die eingegangene Position auch glattgestellt werden, d.h. die Position wird  liquidiert. 

Ein Beispiel:

Gehen wir aus von einem Investor am CBoT in Chicago und von einem Contract US-Treasury-Bonds. Gehen wir weiter davon aus, das Clearinghouse verlangt einen Minimumkontogegenwert von USD 1.215,00.

Die "rules and regulation" zur Marginleistung besagen, daß der Kontoinhaber zum sofortigen Nachschuß verpflichtet ist, wenn die "initial margin" unterschritten wird, oder aber die betreffende Position ohne Verzug zu liquidieren hat.

Nun ganz konkret:

Auf dem Handelskonto – Anfangskontostand USD 1.215,00 –  erfolgt der
Kauf eines US-T-Bondcontracts zum Preis von USD112,05. Die Margin pro T-Bond beträgt USD 1.215,00 (dies sind die Beispieldaten).
Der Preis des T-Bonds steigt nun nicht, sondern fällt auf  USD112,04. Genau in diesem Moment ist der Kunde nachschußpflichtig und erhält einen "Margincall". Der Wert der kleinsten möglichen Kursveränderung, also von 112,05 auf 112,04 nennt man einen Tick. Ein Tick im US-T-Bond hat den Gegenwert von 31,25 USD. In diesem Beispiel hat der Kunde einen Verlust von 31,25 USD im laufenden Handel und nur noch einen Kontogegenwert von USD 1.215,00 minus USD 31,25  also USD 1.183,75.
Der Kunde erhält jetzt einen „Margincall“ in Höhe von USD 31,25. Entweder er erbringt
nun diesen Nachschuß, oder er schließt die Position.

Die Margincall-Regelungen dienen eben genau dazu, zu verhindern, daß ein Totalverlust auf Konten überhaupt entstehen kann. Vom rein formal-juristischen Risikoaufklärungsaspekt, welcher seriöserweise auch einen möglichen Börsencrash beinhalten muß, lassen die "US-rules and regulations" einen Totalverlust des Kontos nicht zu, da der Broker aufgrund der Marginunterschreitung, wie oben ausgeführt, die Positionen schließen würde bzw. muß, falls sich weitere Verluste im Bereich der "initial margin" abzeichnen würden.

Das Verhältnis gilt es hier zu beachten:
USD 1.215,00 ist die Margin im T-Bond, der Verlust pro Tick beträgt jedoch nur USD 31,25.

Hier ist demnach genug Spielraum  =  ein hinreichendes Sicherheitspolster.

Bei einer normalen verantwortungsbewußten Verwaltung des Kundenkontos beim Brokerhaus befindet man sich weit weg vom Totalverlust oder auch nur einer "Nachschußverpflichtung"  im Sinne des deutschen hypernervösen Sprachgebrauchs.